Rund einen Monat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nimmt in diesen Tagen der neue Vorstand an der Wattenscheider Lohrheide die Arbeit auf. Der in einer Unternehmensberatung tätige Christian Fischer wurde zusammen mit dem Wattenscheider Unternehmer Christian Pozo y Tamayo vom Aufsichtsrat der SG 09 nach dem Rücktritt des vormaligen Vorstands, Dragan Markovic, in das Gremium berufen. Damit hat der Aufsichtsrat rund um den Vorsitzenden Josef Schnusenberg nicht nur eine personelle, sondern auch eine konzeptionelle Neuausrichtung für den Traditionsverein geebnet.
Nervenaufreibende und hochemotionale Wochen liegen hinter der SG 09. Viele sehr intensiv geführte Gespräche und Verhandlungen von Frau Dr. Commandeur als Insolvenzverwalterin mit Unternehmern, Freunden und Sponsoren der Sportgemeinschaft haben am Ende leider nicht zum gewünschten Ergebnis geführt, denn der Spielbetrieb der ersten Mannschaft konnte trotz aller Bemühungen bekanntlich leider nicht fortgeführt werden.
Als sich abzeichnete, dass der Gesamtverein von der Löschung bedroht und damit neben der ersten Mannschaft auch der Spielbetrieb für 211 Kinder und Jugendliche in Gefahr war, wurde aus einem Kreis heraus, dem auch der neue Vorstand angehörte, in enger Zusammenarbeit mit Frau Dr. Commandeur ein Konzept zur Verhinderung dieses „worst case-Szenarios“ entwickelt. Es trägt den Titel: Der neue Wattenscheider Weg – nie war mehr Aufbruch als jetzt!
Durch kurzfristige und unbürokratische Zusagen zahlreicher Sponsoren, den Einsatz des neuen Vorstands und der Insolvenzverwalterin konnte das Konzept in wenigen Tagen mit den benötigten Sponsorengeldern zum Erhalt der Jugendabteilung auf den Weg gebracht werden. Damit soll (auch), durch die geplante Sanierung im Rahmen des Insolvenzverfahrens, der Erhalt des Vereins mit seinen Nachwuchsmannschaften, seinem Namen und seiner Geschichte für die Zukunft gesichert werden.
Ab sofort gilt es also, nach vorne zu schauen. Im Dezember wird es eine außerordentliche Mitgliederversammlung geben. Hierin sollen viele offene Fragen geklärt und zudem auch das neue Konzept im Detail vorgestellt, sowie die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen von Frau Dr. Commandeur erläutert werden.
Nur so viel vorab: die wichtigsten Schlagworte für die Zukunft lauten:
- nachhaltige Finanzplanung
- transparente, offene Kommunikation
- Aufbau von neuen, stabilen Strukturen
Gerne stellen wir die neuen Vorstandsmitglieder nachfolgend vor:
Christian Fischer
geb. 04.02.1963
Erzählen Sie uns doch etwas über Ihre berufliche Laufbahn.
Nach meiner automobilkaufmännischen Ausbildung habe ich an der Ruhr-Universität Bochum Wirtschaftswissenschaft studiert und bin danach in eine, u.a. von meinem Vater als Gesellschafter-Geschäftsführer, geführte Automobil-Handelsgruppe eingestiegen. Nach einigen Jahren übernahm ich erste größere Verantwortung in Form der mir erteilten Prokura. Daneben wurde ich Mit-Gesell- schafter der Autohäuser, welche ich später dann über viele Jahre als alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer leitete. Im Zuge der automobilherstellerseitig verabschiedeten Vertriebsnetzstrategie schloss ich mich dann einer großen Automobil-Handelsgruppe an, bei der ich über Jahre Geschäftsführer war und später dann auch Mitglied des Vorstands wurde. Mit 50 habe ich dann gemeinsam mit meiner Frau entschieden, etwas kürzer zu treten (lacht) und bin seitdem in einer Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Immobilienwirtschaft tätig.
Was bedeutet Ihnen die SG 09?
Verdammt viel!! Das Ende der 1.Mannschaft war für mich ein einschneidender Moment. Tränen liefen, ich wollte die ersten Minuten nach Ende des letzten Heimspiels mit meinen Gedanken allein sein. Seit rd. 50 Jahren bin ich zu fast jedem Heim- und, wenn es die Zeit erlaubte, auch zu vielen Auswärtsspielen gegangen bzw. gefahren. Als 6-jähriger war ich riesig stolz, mit der von meiner Oma genähten Fahne in‘s Stadion zu kommen. Ich glaube, sie war damals mit die Größte in der Fangemeinde! Dabei musste mich mein heutiger Schwager manchmal sogar auf den Schultern tragen. Ich habe die Höhen und Tiefen der vergangenen Jahrzehnte hautnah miterlebt. Wenn es bei 09 am Wochenende nicht lief, begann die folgende Woche für mich nicht so prickelnd. Außerdem lebe ich gern in Wattenscheid, bin hier aufgewachsen und groß geworden. 09 gehörte in unserer Familie zum Tagesgespräch. In dieser Stadt habe ich meine wirklichen Freunde und genieße die wenigen, aber tollen kulturellen bzw. freizeitorientierten Veranstaltungen.
Vom Fan zum Vorstand – wie kam`s?
Wie die Jungfrau zum Kind (lacht). Spaß beiseite. Über einen heutigen Sponsor bekam ich Kontakt zu den 09-Verantwortlichen und somit auch zu Farat Toku. Wir beide haben uns Mitte September ein erstes Mal zusammengesetzt und über die SG 09 gesprochen. Dabei habe ich einen Menschen kennengelernt, der nun wahrlich der Inbegriff des Vereins ist. Sein Reden und Handeln haben mich stark beeindruckt. In den folgenden Sponsoren-Gesprächen, aber auch in den anschließenden vielen Gesprächen mit Farat Toku wurde mir schnell klar, dass es neben dem Geld auch an bereitwilligen Köpfen fehlt, die anstehenden großen Aufgaben zu meistern. Farat selbst war es, der in dieser Zeit immer wieder von dringend nötigen „neuen Gesichtern in der Vereinsführung“ sprach. Im Rahmen der Sponsoren-Gespräche habe ich dann meinen heutigen Mitstreiter, Christian Pozo y Tamayo, kennen- und schon nach wenigen Wochen sehr zu schätzen gelernt. Dann fing es bei mir langsam an zu kribbeln und wir beiden Christians machten uns über die 09-Zukunft gemeinsam Gedanken. Nach einigen „Störfeuern“ in den letzten Wochen haben wir beide dann nochmal alles überschlafen und uns dann verbindlich entschieden, diese große Herausforderung anzunehmen.
Christian Pozo y Tamayo
geb. 18.12.1980
Erzählen Sie uns doch etwas über Ihre berufliche Laufbahn.
Ich war lange im Bereich des Sportmarketings selbstständig und habe große Freundschaftsspiele und Turniere organisatorisch verantwortet. Unter anderem konnten wir damals den Zayton-Cup mit Galatasaray Istanbul und Bayer Leverkusen nach Wattenscheid holen. Nach meiner Zeit als leitender Redakteur beim RevierSport war ich zuerst beim VfL Bochum als Pressereferent für alle Online-Medien verantwortlich, später drei Jahre als Videoanalyst Teil des Trainerteams der Zweitligamannschaft. 2018 habe ich mich aber dazu entschlossen, mich wieder selbstständig zu machen. Ich habe mit der Firma inba arbeitsschutz ein alteingesessenes Unternehmen übernommen und leite nun also einen Fachhandel für Arbeitsschutzprodukte.
Was bedeutet Ihnen die SG 09?
Mitglied bin ich seit 17 Jahren. Aber: Mein älterer Bruder hat mich schon viel eher, nämlich in den 90er Jahren, regelmäßig mit in die Lohrheide genommen. Und mit regelmäßig meine ich, dass ich kaum ein Erstliga-Heimspiel verpasst habe. Das prägt einen natürlich stark. Später war ich einige Jahre als ehrenamtlicher Pressesprecher für den Verein tätig, danach habe ich für den RevierSport unter anderem über den Verein berichtet. 09 ist schon ein sehr wichtiger Teil meines Lebens, keine Frage.
Vom Fan zum Vorstand – wie kam‘s?
Genau so wie bei Christian Fischer war es Farat Toku, der mich angesprochen hat. Er hat mich gebeten zu helfen, ich konnte ihm den Wunsch nicht ausschlagen. Farat hat es ja in einem Interview gesagt: Der Verein braucht dringend neue Gesichter. Ich denke da hat Farat recht. Und da sehe ich auch meine Hauptaufgabe: Wir müssen wieder stabile Strukturen schaffen und uns Vertrauen als Verein, als Geschäftspartner und auch als Arbeitgeber erarbeiten. Und vor allem müssen wir wieder ein bodenständiger Ausbildungsverein werden -die Zeit der Luftschlösser ist vorbei.
Dafür stehen Christian Fischer und ich heute und in Zukunft. Und auch wenn heute ein erster Schritt getan ist, sind wir weiterhin auf die Unterstützung von Unternehmen, Freunden und Förderern des Vereins aus der Region angewiesen. Wer helfen möchte ist herzlich willkommen!